Weilheimer Tagblatt, 3. Februar 2022
Torsten von Wurlitz' Krimi spielt auch im Pfaffenwinkel
Weilheim - Wer es liebt, in einem Regionalkrimi der eigenen Lebenswelt zu begegnen, der ist mit "Blutbräu - Kommissar Wunderlichs dritter Fall" bestens bedient. Autor Torsten von Wurlitz beschreibt den Pfaffenwinkel als wahres Paradies, jedenfalls für Liebhaber des Radsports und der gediegenen Gastronomie.
Die Fahrradtouren samt der Einkehrmöglichkeiten, die er schildert, könnte die Tourist-Info ohne Weiteres als Werbetext auf ihre Website stellen. Dabeu fungiert Weilheim bloß als "Zwillingsschwester" von Rehau, der Heimatstadt des Autors. Wer den Namen bislang nie gehört hat: Die Stadt liegt im oberfränkischen Landkreis Hof, drei Kilometer von der Grenze zur Tschechischen Republik, neun Kilometer vom Freistaat Sachsen entfernt.
Eben weil Stadt wie Region weithin unbekannt sind, wurde Küneth aktiv: "Altusried ist ein kleiner Ort im Allgäu, den kaum jemand kannte - bis Michael Kobr und Volker Klüpfel ihren Kommissar Kluftinger ersonnen haben", erklärt der Wahl-Weilheimer. Aus dieser Entwicklung könne man lernen, "dass Regionalkrimis gleichbedeutend mit Regionalmarketing" seien.
In diesem Sinn erfand Küneth 2013 seinen Kommissar Wunderlich aus Rehau, um seine Heimatstadt und ihre Region Hochfranken einerseits bekannter zu machen und "zweitens bei den Menschen, die dort wohnen, etwas mehr regionale Identität zu stiften." Mittlerweile hat er fünf Fälle ersonnen, die seinen sympathischen Kommissar zu Höchstleistungen herausfordern. Der dritte Teil, "Blutbräu", ist kürzlich in zweiter Auflage erschienen. Und da Küneth seit 2008 in Weilheim lebt, hat er in diesem Krimi den Versuch gemacht, "die literarische Brücke zwischen den beiden Regionen zu schlagen." Denn für den Pfaffenwinkel gelte dasselbe wie für Hochfranken: "Es ist eine liebenswerte Region voller Lebensqualität." Der ländliche Raum habe gegenüber den Ballungsgebieten Lebensqualität zu bieten, "auf die man mit breiter Brust verweisen kann". Und gerade die immer beliebter werdenden Heimatkrimis könnten dazu beitragen, dass "mehr Wertschätzung gegenüber solchen Regionen entsteht".
Soviel zur Motivation des Autors. doch was erwartet den Leser? EIn mit überbordender Fantasie ausgedachtes und vielfältig verwobenes Netzt von Figuren, Aktivitäten und Wechselbeziehungen, verpackt in kurze Kapitel, die permanent den Schauplatz wechseln - so wie schnelle Schnitte im Film. Insofern braucht es ein wenig, bis man sich eingelesen hat, doch dann erliegt man dem Sog der spannenden Handlung, die Wirtschaftsspionage mit Eifersuchtsdramen und die sizilianische Mafia mit oberfränkischen Kleinkriminellen verbandelt.
Dass aberwitzige Traumsequenzen in die Handlung eingeflochten sind und erst viel später als Träume entlarvt werden, ist ein geschickter Schachzug, der den Leser in Atem hält. Mit dieser wechselnden Perspektive - mal aus der Position des objektiven Betrachters, der das GEschehen aus übergeordneter Perspektive verfolgt, mal aus dem individuellen Blickwinkel einer Figur - hält Küneth die Spannung bis zum schluss am Köcheln. Und der Epilog bringt eine völlig unerwartete Wende.
Originaltext: Sabine Näher